Auf dem Damm 3, Schwan

Das Gasthaus "Zum Schwanen" wurde um 1500 auf Teilen der alten Stadtmauer und der Karlspforte erbaut. Der spätgotische Massivbau zeigt Reste des ursprünglichen Staffelgiebels und profilierten Fenster- und Portalgesimse. Ursprünglich städtisches Gasthaus, beherbergt es heute das 50er-Jahre-Museum.

Quelle: denkmalpflege-hessen.de

 

Walter Nieß:
Zur Geschichte des Schwanes, des ältesten Büdinger Gasthauses
Das Gasthaus „Zum Schwan“ war das erste Büdinger Gasthaus und zugleich Herberge für Gäste der Herrschaft, Stadt und deren Bewohner. Nach Karl Heusons humorvoller Deutung soll sein Name davon herrühren, dass hier ein Ritter seinen mit einem Schwan dekorierten Schild nach einer guten Zeche habe hängen lassen. Im Zusammenhang mit den benachbarten Rittergeschlechtern, derer von Hanau und Rieneck, klingt dies auch vertretbar. Zumal diese Geschlechter mit den Herrn von Ysenburg-Büdingen verwandtschaftliche Beziehungen hatten, bietet sich diese Vermutung an. Befremdlich ist allerdings, dass die Büdinger dieses Gasthaus meist nach dem jeweiligen Pächter benannten und der amtliche Namen im Volk gemieden worden zu sein scheint.
In den ältesten Büdinger Stadtrechnungen der Bürgermeister finden sich Belege über die Gasthäuser und die Ausgaben für die Herbergen und Wirtshäuser der Stadt.
1504 wurden Ofenkacheln für die Bettstube im Wirtshaus Schwan und die Schule in Büdingen gekauft.
Im Jahre 1541 zahlte man 13 Gulden 19 Batzen Unterhaltungskosten für die „Wirtshäuser“.
1545 verfügte der Büdinger Stadtamtmann, dass die Wirte in Zukunft Schäden an Öfen und Fenster selber bezahlen sollten. Scheinbar war deren Verschleiß im Dunst des Alkohols für die Stadtkasse zu hoch geworden.
1550 wurde das heutige Gasthaus (1944/50) zum Schwan als „Heidermanns Haus“ erwähnt, womit man wohl den Namen des Pächters als Hausnamen verwendete. Das Gasthaus war allzeit gut besucht und Tagungsort der Büdinger Handwerker und Landwirte, vor allem der zahlreichen Winzer der Stadt.
Vom Jahre 1660 an wurden für die Gasthäuser Schwan und Krone von der Stadt laufend steigende Unterhaltungskosten bezahlt.
1660 wurde die Treppe im Schwan ersetzt, beziehungsweise ausgebessert. Wirt war 1662 Carl Gogler, der 10 Gulden Hauszins entrichtete.
1668 war durch Sturmeinwirkung der große westliche Treppengiebel des Gasthofes Schwan eingestürzt. Man reparierte diesen Giebel mit Fachwerk. Dabei hatten 18 Bürger geholfen, die bei der Arbeit von der Stadt freigehalten wurden und Essen und Trinken für 18 Gulden verzehrten. Dann wurde die große Stube im Schwan geweißt und verschiedene Fenster wurden gegen neue ausgetauscht. Damals wurden also die alten steinernen Kreuzstock - Fenster beseitigt.
Die Lage des Büdinger Gasthauses am nördlichen Stadttor an der alten Ummauerung der Altstadt brachte dem Gebäude jedoch noch eine besondere Aufgabe. Es lag im Verteidigungsfalle an einem Brennpunkt, dem nördlichen Stadttor. Hier war im Ernstfall und bei häufigen Übungen die Kommandozentrale des Verteidigungsrates. Von dem hohen Carlsturm hatte ein Wächter die ganze Stadt im Auge. Diese öffentliche Aufgabe hatte sich auch in der Ausformung des Gebäudes niedergeschlagen.
Die Eingangspforte des Schwanes lag in einer Stichgasse zur Verteidigungsmauer im Süden, dem so genannten „Sack“, wie der „Sackweg“ in der Bevölkerung genannt wurde. Der Lokaleingang befand sich unter einem mit einem Treppengiebel geschützten Pfortenbau, der sich noch 1950 im Putz des Gebäudes abzeichnete. Diese Eingangsanlage ist bei der Entfernung des Carlstores im Jahre 1839 abgerissen worden, weil man sich nur eine einfache Dachführung leisten konnte.
Dies sollte so langsam der Anfang einer Stiländerung am Gebäude des Schwanes werden. Im Jahre 1809 wurde die obere Wirtsstube im Schwan ausgebessert und 1817 wurde sogar nach französischer Art eine „Billard Stube“ eingerichtet. 1820 setzte man fünf Dachgauben auf das Dach, scheinbar wollte man damit Platz für Stuben für Übernachtungsgäste schaffen. Gleichzeitig zog der Buchdrucker Heller im Schwan ein, druckte hier und war zugleich Wirt, was sein Nachfolger Reinig beibehielt. Dieser hat dann letztendlich das Gebäude im Jahre 1841 für 4400 Gulden von der Stadt Büdingen gekauft. Damit ging die alte Büdinger Gaststätte in private Hände über.
Die fortifikatorisch massiven Ausbauten der Kelleranlagen des Schwanes zeugen davon, dass dieses Gebäude schon sehr früh eine besondere Rolle im Büdinger Stadtgeschehen gespielt hat. Diese Vermutung ist leider aus verständlichen Gründen kaum beweisbar, weil sie mit kostenträchtigen Maßnahmen verbunden wäre. Doch spricht die Dicke der Mauern eine besondere Sprache.

Die Lage des Gasthauses „Zum Schwan“ am Reutzels- oder Küchenbach
Der Gasthof liegt im Verbund der bis heute nicht genau datierten alten Schildmauer der Altstadt Büdingen. Bisher nennt man die Bauzeit um 1490 für die heute noch sichtbaren Baustrecken der Mauer. Zeuge hierfür scheint mir die Verwendung zweier unterschiedlicher Sorten von Sandstein zu sein, die man an verschieden Strecken gut sehen kann (Steinernes Haus). Möglich ist allerdings, dass sich in früheren Zeiten andere Bauwerke auf dem massiven Kellergewölbe des Schwanes befunden haben, die einem Bau des Gasthauses weichen mussten. Im Fall des Steinernen Hauses, am Südtor der Altstadt Büdingen, haben wir die gleiche Entwicklung.
Zur Lage am Reutzelsbach sind Überlegungen, die sich mit dem alten Verlauf des Seemenbaches im Stadtbereich befassen, wichtig. Es gibt Hinweise in alten Rechnungen, die den „Reutzelsbach“ als „alten Bach“ bezeichnen, was mir ein deutlicher Hinweis auf den ursprünglichen Verlauf des Seemenbaches scheint. Bei Betrachtungen des heutigen Bachverlaufes wird dieser ursprüngliche Verlauf im Gelände auch deutlich. Der Reutzelsbach oder Küchenbach war der ursprüngliche Verlauf des Seemenbaches.
Vor dem östlichen Beginn des Haines wird der Bachlauf nach Süden gedrückt, womit man ihn um die Burginsel geleitet hat. Damit ist ein taktischer Schwachpunkt der Burganlage gemildert worden. Die Burg kam dadurch außerhalb der Reichweite eines gezielten Pfeilschusses. Bei Anlage der Burg war das Schießpulver noch nicht verbreitet. Die taktische Verteidigungsposition der Wasserburg wurde damit verbessert.
Auch phonetisch gibt es Hinweise auf die Funktion dieses Gewässers. Das Wort Reutzel scheint mir mit dem Wort Reuel, auch Reul, verwandt. Reul ist der Zwischenraum zwischen zwei Bauwerken, die Grenze zweier Besitzer von Bauwerken. Diese meist nur geringen Abstände wurden in der Praxis oft mit Küchenabfällen oder gar Fäkalien belastet. Deshalb auch der Name Küchenbach. Das Wort Reutzel war wohl eine Bezeichnung von einer Grenze. Diese Grenze lief auch hier. War dieser Bach, der Seemenbach, doch ursprünglich die Grenze zwischen der Büdinger Mark und dem Büdinger Wald als Reichsgut. Hierzu gibt es auch Hinweise in den Büdinger Waldakten, weil dies insbesondere bei der Gestaltung und Bewahrung der Forstnutzungsrechte der Büdinger Altstadtbewohner von großer Bedeutung war.
Die Tatsache, dass man dieses ursprüngliche Bachgelände mit dem „Damm“ bezeichnete, einem Ausdruck, der heute noch im Stadtbild besteht, zeigt, dass es sich ehemals nicht um einen kleinen Graben, wie heute, gehandelt haben kann. Einen solchen kleinen Graben hätte man auch damals mit einer Wasser begrenzenden Schließe entschärfen können, und dazu hätte man wohl keinen Damm gebraucht. Den Damm hatte man beim alten Verlauf des Seemenbaches gebraucht, bei der neuen Wasserführung war er zwischen den beiden Stadtteilen Altstadt und Neustadt hinderlich, was ja die Büdinger Geschichte nur zu deutlich zeigt. Die Bürgermeisterrechnungen der Vergangenheit mit den Hinweisen auf die Überschwemmungen und Wasserhaltung der Stadt Büdingen zeigen deutlich, wie viele Sorgen und Kosten die Stadtverwaltung in der Geschichte hatte. Die Natur hat auf die Stadtlage keine Rücksicht genommen und oft den alten Talzustand durch Überschwemmungen wieder hergestellt.

Quelle: Dr. Walter Nieß: Die Büdinger Altstadt, Büdinger Häuserbuch III. Band, Geschichtswerkstatt Büdingen 2009.

Der Schwan von der Straße Altstadt

Der Schwan vom Damm

Marktplatz Südseite Schwan, Quelle: Geschichtswerkstatt Büdingen

Gasthaus Zum Schwan, Westansicht und Schnitt

 

Gasthaus Zum Schwan, Nordansicht

 

Gasthaus Zum Schwan, Ostansicht

 

Gasthaus Zum Schwan, Südansicht

 

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