Altstadt 11, Altstadtschmiede

Peter Nieß 1943/44:
Ein typisch spätgotisches Haus des 14./15. Jahrhunderts mit eingezogenem Erdgeschoss, überkragtem Obergeschoss und steilem Dachgeschoss. An den Ecken des Gebäudes finden wir den „Wilden Mann“. Die Balkenverbindungen sind Verblattungen in Form des Schwalbenschwanzes. Mehrere Fenster sind in ursprünglicher Reihung zusammengefasst und haben noch das typische gotische Format.
Der Dachstock hat ein stehendes Gestühl, ist zu Wohnungen ausgebaut. Der Innenausbau ist nach modernen Gesichtspunkten verändert. Man sieht das typische steile gotische Dach.
Der Ausbau des Gebäudes bestand im Ursprung aus der ebenerdigen Schmiede, die durch lange Fensterfronten beleuchtet wurde. Im hinteren Teil des Erdgeschosses ein zum Lagern geeigneter Raum, ebenfalls mit Fensterfront über Eck gut beleuchtet.
Im Obergeschoss und Dachgeschoss befanden sich ursprünglich zwei Räume, je zwei für die Eltern und zwei für die Kinder im Dachgeschoss. Die Gesellen hatten vielleicht eine Schlafstelle im Firstraum.
Die Altstadtschmiede ist altersmäßig wie der Luckische Hof und das Uraltrathaus einzustufen und bietet ein typisches Bild eines gotischen Handwerkerhauses in Büdingen. Offenbar ist es von dem Brand von 1590 verschont geblieben, weil es damals bereits, im Gegensatz zu den anderen abgebrannten Altstadthäusern, wegen seiner offenen Esse mit Ziegeln gedeckt war. Die umliegenden Häuser hatten alle noch Strohdächer, wo der Funkenflug des Oberhofbrandes rasche Nahrung fand und ein Flächenbrand entstand.
Die Schmiede Schmück hat die Büdinger Eigenart, dass ein Zimmer im Nachbarhaus zum Schmiedehaus gehörte. Vielleicht geht dies auf alte verwandtschaftliche Traditionen zurück. Beide Häuser waren in diesem Raum mit einer Tür verbunden (Haus Müller, Altstadt 13).
Neben dem Haus Schaaf, aus dem angeblich die Büdinger Schmiedefamilie Schmück stammen soll, ist die Altstadtschmiede das letzte von mehreren Schmiedehäusern in Büdingen, die wohl in größerer Anzahl vorhanden waren. Dieser Berufszweig hatte auf Grund der Vorfertigung von Eisenerzeugnissen in den beiden „Schmidden“ oberhalb von Büdingen und dem Schloss, auf der Energiebasis des Seemenbaches und der Mühlbachgräben gelegen, einen günstigen Standort in der Stadt. Allein der Pferdebestand des Hofes, wohl um die 200 Pferde, wie man nach den Stallungsflächen annehmen kann, dürfte einigen Schmieden laufende Arbeit gebracht haben.
Nicht zuletzt waren die Löffelschmiede, Plattner für Panzerfertigung und Reifschmiede für den Weinbau usw. in der gleichen Berufsgruppe, die schon im Jahre 1494 bei der Herrschaft den Wunsch zur Gründung einer Zunft vorbrachte, was aber damals noch nicht genehmigt wurde. Im Jahre 1603 haben die Büdinger Schmiede einschließlich der verwandten Schlosser einen erneuten Antrag zur Gründung einer Zunftgenossenschaft gestellt. Damals wurden 8 Personen genannt, die Schmiedemeister waren und im Zug der Zeit die Meisterprüfungen abnahmen, wozu sie eine genossenschaftliche Verbindung anstrebten, um im Umfeld der schon bestehenden Zünfte der Städte des Rhein-Main-Gebietes auch beruflich bestehen zu können, weil sie eine anerkannte Ausbildung anbieten konnten.
1658 gibt es in Büdingen eine Zunft der Schmiede, wobei 18 Namen genannt wurden. Der damalige Graf Wilhelm Otto von Isenburg und Büdingen hatte die Zunft und deren Satzung mit der Festlegung der Meisterstücke genehmigt. Die Zunft bestand damals aus 6 Hufschmieden, 6 Pfannenschmieden, 2 Schlossern, einem Goldschmied, einem Löffelschmied und 4 Wagnern. Die Familien Geyer, Enders und Bisling stellten die Büdinger Schmiede, wozu später die weit verzweigte Büdinger Familie Schmück trat. Ein Großteil der Schmiede war auch in den beiden „Schmitten“ und im Großendorf ansässig.

Quelle: Dr. Walter Nieß: Die Büdinger Altstadt, Büdinger Häuserbuch III. Band, Geschichtswerkstatt Büdingen 2009.

Haus Müller/Haus Schmück, Straßenansicht, historische Aufnahme

 Haus Schmück, Schnitt

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