Die Ysenburger
Die Ysenburger waren ein am Mittelrhein und im Westerwald begütertes Herrengeschlecht, das schon 963 n. Chr. urkundlich genannt ist. Nach 1100 nennt sich die in mehrere Stämme geteilte Familie nach ihrer Stammburg im Sayntal. Infolge der Heirat mit der Erbtochter von Büdingen kam ein Spross der Familie in die südöstliche Wetterau.
Hier bauten Ludwig I. von Ysenburg und seine Nachfolger um den Büdinger Wald als Kern ein Territorium auf, das 1420 in der Falkensteiner Erbschaft durch die Dreieich südlich des Mains vergrößert und 1442 von Kaiser Friedrich III. zur Reichsgrafschaft erhoben wurde.
Die Landesteilungen 1511 bis 1684
Die Grafschaft Ysenburg-Büdingen, mit dem Büdinger Schloss als Herrschaftszentrum, teilte sich 1511/17 in die Linien Ysenburg-Ronneburg und Ysenburg-Birstein.
Die Linie Ysenburg-Ronneburg starb 1601 aus, worauf der Gesamtbesitz an Ysenburg-Birstein fiel. Die Linie Ysenburg-Birstein spaltete sich 1628/31 in die Zweige Ysenburg-Büdingen und Ysenburg-Offenbach.
1684 entstanden Ysenburg-Büdingen-Birstein (ab 1744 Fürstentum Ysenburg und Büdingen mit Residenz in Birstein bzw. Offenbach) und Ysenburg-Büdingen (Grafschaft mit Residenz in Büdingen).
Die Landesteilung von 1687
1687 erfolgte in einem erneuten Vergleich die Teilung des Landes unter den vier Söhnen von Maria Charlotte.
• Der älteste Sohn, Graf Johann Casimir von YsenburgBüdingen (1660–1693), erhielt Schloss, Stadt und Gericht Büdingen und die umliegenden Dörfer.
• Der zweitälteste Sohn, Ferdinand Maximilian, erhielt Schloss und Stadt Wächtersbach.
• Karl August erhielt Marienborn und einige Dörfer.
• Georg Albrecht erhielt Meerholz und einige Dörfer.
Daher gab es in der Folgezeit neben der (alten) Hauptlinie Ysenburg-Birstein die (neuen) Speziallinien
• Ysenburg-Büdingen-Büdingen,
• Ysenburg-Büdingen-Marienborn,
• Ysenburg-Büdingen-Meerholz und
• Ysenburg-Büdingen-Wächtersbach.
Diether I. von Ysenburg in Büdingen (um 1412–1482) Der Erzbischof von Mainz
Diether I. von Ysenburg war zweimal Erzbischof von Mainz und damit auch Kurfürst und Erzkanzler.
Nach seiner Wahl 1459 berief er 1461 in Nürnberg einen Fürstentag ein, auf dem er für eine Reichs- und Kirchenreform warb. Er verlangte energisch die Abschaffung der päpstlichen Annatenforderungen (Abgaben bei Amtseinführung) durch ein allgemeines Konzil. Seine kritische Position zu Papst Pius II. und Kaiser Friedrich III. führte zur Mainzer Stiftsfehde.
Seine folgende Absetzung durch den Papst löste einen militärischen Konflikt mit dem vom Papst eingesetzten neuen Erzbischof Adolf von Nassau aus, den Diether I. verlor.
1475 wurde Diether I. von Ysenburg, nach dem Tod von Adolf von Nassau, erneut zum Erzbischof gewählt. Dieses Mal wurde seine Wahl durch Papst Sixtus IV. bestätigt.
Seine Reformvorstellungen hatte er aufgegeben und war zu einem Verfechter eines konservativen Kirchenkurses geworden.
Ludwig II. von Ysenburg in Büdingen (Reg. 1461–1511) Der Baumeister
Unter Ludwig II. begannen Mitte der 1480er Jahre die Planungen zum Ausbau der Residenz Büdingen zu einer repräsentativen Festung nach dem militärtechnischen Standard jener Zeit und in den künstlerischen Formen der Spätgotik. Dabei wurden die älteren Stadtmauern beibehalten, vor denen sich nun Gräben oder Zwinger ausdehnten. Diesen waren Kurtinen vorgelagert: Erdwälle, auf denen Geschütze bewegt werden konnten.
Im Süden bot der um die Festung geleitete Seemenbach zusätzlichen Schutz, im Westen ein Wassergraben, im Norden und Nordwesten entstand ein Trockengraben (Hirschgraben). In die Mauern wurden Rund- oder Halbtürme eingefügt, an den Ecken boten „Bollwerke“ Schutz, Batterietürme mit besonderer Feuerkraft.
Die Zugänge zur Stadt (Unter-, Ober- und Mühlpforte) wurden Doppeltoranlagen. Die innere Mauer zwischen Alt-und Neustadt mit der Karlspforte blieb erhalten.
In dieser Zeit reger Bautätigkeit wurden auch das Rathaus (ehemalige Kaufhalle), das Gasthaus „Zum Schwanen“ und die Marienkirche gebaut.
Graf Ludwig II. wurde von einem Baugerüst am nordöstlichen Eckturm (Graf-Ludwig-Turm) erschlagen. Dort sind die Worte GOD GNAD DER SELE und die Zahl XI (für 1511) eingemeißelt. Dieser Turm ist Teil eines Ensembles von 17 noch erhaltenen Bollwerken, Rondellen oder Halbtürmen der Festung, deren Mauern und Kurtinen eine Länge von rund 2,65 Kilometern haben.
Ernst Casimir I. zu Ysenburg und Büdingen (1687–1749) - Das Toleranzpatent
Ernst Casimir war ein religiös toleranter und ökonomisch agierender Regent der Grafschaft Ysenburg und Büdingen.
Der Dreißigjährige Krieg und die Hexenverfolgungen hatten die Bevölkerung der Grafschaft stark dezimiert. Die wirtschaftliche Situation hatte sich sehr verschlechtert und die Einnahmen der Ysenburger gedrückt.
Mit dem Angebot religiöser Toleranz hoffte er, neue Handwerkersparten und Kleinunternehmen in seine Grafschaft zu ziehen und damit die Wirtschaftskraft zu verbessern.
Ein Erfolg der Toleranzpolitik: Der Bau der Büdinger Vorstadt.
Siehe dazu die Sonderausstellung "Das Toleranzpatent von 1712"
Die Herrnhuter Brüdergemeine
Diese in Böhmen entstandene Religionsgemeinschaft setzte sich das Leben nach der Bergpredigt zum Ziel. Während des Dreißigjährigen Krieges wanderten sie nach Polen und Ungarn aus. 1722 erlaubte ihnen Graf Nikolaus Ludwig Zinzendorf (1700–1760) neben seinem Gut in Sachsen zu siedeln. Der Ort erhielt den Namen Herrnhut.
1736 wurden Zinzendorf und die Gemeine verbannt, da sie von der lutherischen Orthodoxie als Bedrohung der einheitlichen Landeskirche angesehen wurden. Vom Toleranzpatent ermutigt, wohnte Graf Zinzendorf mit seiner Familie und weiteren Herrnhutern auf der Ronneburg. Zwei Jahre später siedelten sie in das Schloss Marienborn um.
1738 erwarben sie Land vom Hofgut Vonhausen und nannten den Platz Herrnhaag. Es entstand eine Siedlung mit Residenzcharakter. Fünf Jahre nach der Siedlungsgründung hatte der Herrnhaag etwa 100 Bewohner, einige Jahre später etwa 1000.
1749 starb Ernst Casimir. Unter Graf Gustav Friedrich zu Ysenburg und Büdingen (1715-1768) mussten die Herrnhuter 1750 den Herrnhaag verlassen.
Graf Friedrich Alexander zu Wied nahm einen Teil der Abziehenden in seiner Gründung Neuwied auf. Andere gingen in die Niederlande oder zogen von dort weiter nach England oder Pennsylvanien, auch die Rückkehr nach Sachsen war inzwischen wieder möglich.
Die Herrnhuter Brüdergemeine ist heute in Afrika, Mittelamerika, Nordamerika und Europa tätig.
Carl von Isenburg-Birstein (1766–1820) Der Rheinbund 1806
Carl zu Isenburg-Birstein wurde 1803 regierender Fürst. 1806 war er eines der Gründungsmitglieder im Rheinbund. Dadurch wurde aus dem Reichsfürsten Carl von Isenburg-Birstein der Souverän Carl Fürst zu Isenburg.
Zunächst österreichischer Offizier, trat er in französische Militärdienste und stieg zum Brigadegeneral auf. Er warb zwei „Fremdenregimenter“, auch aus eigenen Untertanen, die unter Napoleons Fahnen in Spanien und Russland kämpften. Auf dem Wiener Kongress traf er deswegen auf scharfe Gegnerschaft, etwa des Freiherrn vom Stein.
Nach dem Zerfall des Rheinbundes floh Fürst Carl nach Basel, kehrte aber bald zurück nach Erbach. Das Fürstentum Isenburg wurde kriegsrechtlich besetzt, völkerrechtlich mediatisiert und annektiert.
Standesherren unter Kurfürst und Großherzog ab 1816
Durch Beschluss des Wiener Kongresses 1815 fiel der ysenburgische Staat an das Kaisertum Österreich. 1816 kam ein Teil an das Großherzogtum Hessen und ein Teil an das Kurfürstentum Hessen. Im nachfolgenden zum Deutschen Bund gehörenden Großherzogtum Hessen und Kurfürstentum Hessen waren sowohl die ehemalige Hauptlinie in Birstein als auch die Speziallinien Standesherren in beiden Staaten, also auch Ysenburg-Büdingen.